Nadelgrat Juli 2019

Nadelgrat -  Dürrenhorn, Hohberghorn, Stecknadelhorn, Nadelhorn  - 2019

Blick beim Aufstieg vom Windjoch zum Nadelhorn um 05:44 Uhr am 14.07.2019 über den gesamten Nadelgrat

Kurzbeschreibung:

Freitag morgen geht es von Hamburg runter nach Saas Fee, am Samstag ist der Zustieg zum Biwak an der Mischabelhütte geplant und am Sonntag geht es über den Nadelgrat. Der Abstieg soll entweder zurück zur Mischabelhütte oder vom Galenjoch hinunter zur Bordierhütte führen.

Teilnehmer:
Daniel

Zeitraum:
12. - 15. Juli 2019

Routenbeschreibung:

Anreise: Die Reise von Hamburg nach Saas Fee dauert mindestens 13 h. Ich rechnen daher mit einer Ankunft am Freitag abend gegen 17:00 Uhr. Danach sollte noch ein kurzes Stück Anstieg drin sein.

Zustieg: Der Zustieg von Saas Fee (1803 m) aus hinauf zum Biwak nähe der Mischabelhütte (3330 m) misst 4.6 km und etwa 1530 hm.

Gipfeltag: Die Rute führt vom Biwak in der Nähe der Mischabelhütte (3330 m) über den Hohbalmgletscher zum Windjoch (3850 m). Über das Joch und den dahinter liegenden Riedgletscher geht es dann in einer weiten Linkskurve zum Einstieg zwischen dem Dürrenhorn und dem Hohberghorn und hinauf ins Dirrujoch (3910 m). Von dort auf geht es erst zur Rechten hinauf aufs Dürrenhorn (4035 m) und wieder hinunter und dann zur Linken über das Hohberghorn (4219 m), das Stecknadelhorn (4241 m) und das Nadelhorn (4327 m). Die gesamte Strecke misst etwa 6.25 km und 1660 pos. hm.
Für den Fall, dass in der Dirrujoch-Ostflanke kein Schnee liegt, wäre nur die direkte Besteigung des Nadelhorns mit einer anschließenden Besteigung von Stecknadel- und Hohberghorn möglich. Anhand der Gipfeluhrzeit des Hohberghorns werden wir dann entscheiden, ob eine komplette Überschreitung bin ins Galenjoch in Frage kommt. Die Strecke der gesamten Überschreitung misst 10.9 km, 1321 pos. hm und 1353 neg. hm.

Abstieg: Vom Nadelhorn (4327 m) aus führt der Nordostgrat hinunter zum Windjoch (3850 m), von wo aus es auf der Aufstiegsrute hinunter nach Saas Fee (1803 m) geht. Der Abstieg misst 7.6 km und 2524 neg. hm.
Für den Fall einer Überschreitung würde der Abstieg vom Dürrenhorn (4035 m) über den Nordwestgrat zum Galenjoch (3303 m) 1.8 km und 732 neg. hm und vom Galenjoch über die Nordostflake hinunter zur Bordierhütte (2886 m) 3.48 km mit 613 neg. hm gefolgt von 200 pos. hm messen.

Wie lief die Tour?

Anreise: Die Anreise dauerte mit 14 h wie gewohnt etwas länger. Am späten Freitagnachmittag suchte ich mir in den Weinbergen über Visp ein Nachtlager und ruhte mich noch einmal anständig aus.

Zustieg: Am Samstagmorgen ging es früh los und um 10:00 Uhr begann der Zustieg von Saas Fee hinauf zur Mischabelhütte. Mit einigen kleinen Pausen erreichten wir diese etwa 4 h später. Der Zustieg über den sich unzählige Male hin und her windenden Weg und den darauf folgenden Klettersteig bot keinerlei Schwierigkeiten. Hinter der Hütte führt der Weg auf dem Grat weiter empor. Nach etwa 100 m ist ein recht großer ebener Platz, auf dem ich mit Steinen eine etwa 50 cm hohe Mauer als Windschutz errichtete und mich zum Biwakieren einrichtete. Dort ergaben sich noch ein paar spannende Gespräche mit Hüttenbesuchern, die schon mal den Aufstieg des kommenden Morgens auskundschaften wollten. Schnee zum Schmelzen liefert der neben dem Platz beginnende Gletscher genug und der Ausblick auf die gegenüberliegende Weissmiesgruppe war phänomenal. Von 18:00 bis 01:00 Uhr schlief ich richtig gut.

Gipfeltag: Um 01:00 Uhr ging der Wecker. Der Wind von Vorabend war abgeklungen und eine feine Eisschicht überzog meine Ausrüstung. Die Kälte erschwerte das Aufstehen und Fertigmachen ungemein, doch ließ sie festen Firn und gute Bedingungen erahnen. Um kurz nach 02:00 Uhr war ich fertig und die ersten vereinzelten Kopflampen wackelten durch die Dunkelheit auf mich zu. Bis eine dieser Lampen meinem Kletterpartner gehörte dauerte es jedoch bis 03:00 Uhr.
Auf dem Aufstieg den Grat empor fanden sich noch zwei weitere Biwakplätze. Einer oberhalb einer von meinem Platz aus sichtbaren Holzkonstruktion. Diese Plattform befindet sich etwa auf der Hälfte zwischen Hütte und Gletschereinstieg. Und einer fast direkt beim Einstieg vom Schwarzhorn auf den Hohbalmgletscher.
Der Aufstieg vom Anseilplatz auf dem Gletscher über selbigen hinauf zum Windjoch wie kaum Spalten und dank des festen Firns, der ausgiebig vorhandenen Spuren und der treppenartigen Fußstapfen die Firnflanke hinauf keinerlei Schwierigkeiten. Doch machte das Windjoch seinem Namen alle Ehre und zwang mich dazu von meiner dicken Daunenjacke Gebrauch zu machen.
Der Aufstieg zum Nadelhorn war genauso einfach und schon nach 4 h um 07:00 Uhr standen wir auf unserem ersten Gipfel. Etwa zeitgleich mit uns kamen die ersten auf der Lenzspitze an und bei unserem Abstieg vom Gipfelaufbau kamen uns bereits die ersten  Karawanen entgegen. So viele an dem Morgen aber auch auf die Lenzspitze und das Nadelhorn wollten, so wenige waren es, die mit uns den ganzen Nadelgrat zu bestreiten gedachten.
Als wir den kleinen Vorgipfel in Richtung Stecknadelhorn überkletterten querten selbigen unter uns drei Italiener.  Diese folgten uns aber nur bis zum Stecknadelhorn, wo wir nach 1.5 h um 08:30 Uhr ankamen.
Auf dem Weg hinüber zum Hohberghorn begegnete und eine Dreierseilschaft, die am Morgen von der Bordierhütte aus gestartet war und die die Einzigen uns entgegenkommenden Bergsteiger an dem Tag bleiben sollten. Das Hohberghorn erreichten wir weitere 1.5 h später um 10:00 Uhr und da wir damit sehr gut in unserem Zeitplan lagen entschlossen wir uns dazu dem Grat weiter zu folgen und auch das Dürrenhorn anzugehen.
Im Dirrujoch angekommen machten wir erstmal eine Pause und konnten gut sehen, warum uns zuvor vom Aufstieg vom Riedgletscher über das Couloir abgeraten wurde. Verdammt steil und ohne einen Fleckchen Schnee. Auch die Selle hinterm Dürrenhorn war absolut schneefrei. Die Kletterei ohne Steigeisen hinauf zum Dürrenhorn war absoluter Genuss und das Highlight des Tages. Wir erreichten den Gipfel jedoch erst nach 5.5 h um 13:30 Uhr.
Die Abstiegsrute den Grat hinunter zum Galenjoch war nicht immer ganz so einfach zu finden, doch konnten zwei drei schwierigere Stellen schnell durch Abseilen überbrückt werden. Der gelegentlich heraufziehende Neben und die Schnee- und Regenschauer machten das ganze jedoch nicht einfacherer und der Fels wurde zunehmend rutschig. Als wir erst nach weiteren 5.5 h um 19:00 Uhr das Galenjoch erreichten wussten wir, dass wir schleunigst runter kommen mussten. Auf dem Galenjoch befindet sich übrigens ein kleiner Biwakplatz mir aufgeschichtetem Windschutz, der für mich und meinen Biwaksack gereicht hätte. Für meinen Kletterpartner war dies jedoch keine Option.
Nach den 16 h Kletterei suchten wir jetzt also nach einem Abstieg vom Galenjoch, konnten hinunter zur Bordierhütte jedoch nichts als rutschige Geröllfelder ausmachen, welche über steilen Felsflanken lagen und uns keinen sicheren Abstieg zu erlauben schienen. Nachdem wir nochmals die Karte und das GPS Gerät gecheckt hatten und uns das schlechter werdende Wetter und die bevorstehende Dämmerung immer mehr unter Druck setzten, entschlossen wir uns für eine andere Rute.
Wir rutschten das nicht ganz so steile Geröllfeld mit größeren Brocken und Blöcken verzierte Steintälli hinunter und liefen auf seinem Ausläufer immer weiter talabwärts. Die Karte hatte uns verraten, dass wir so theoretisch den Europaweg erreichen können sollten, doch waren wir uns da zunehmend nicht so sicher. Die hereinbrechende Dunkelheit, der Schnee und später der starke Regen und Wind führten dazu, dass wir fast keinen Halt auf den Steinen fanden, nass wurden und froren. Doch blieb die einzige Option das Weitergehen. Als wir jedoch auf einen Trampelpfad trafen, der dann 10 m später wieder aufhörte war auch ich kurz vorm Ausrasten. Als wir schon nicht mehr daran glaubten tauchte im Neben vor uns plötzlich der Europaweg auf. Diesem folgten wir nach rechts und kamen rasch an eine Kreuzung. Nach links hätte es etwa 1.5 h zur Europahütte gedauert, von der Kreuzung führte jedoch auch ein Weg hinunter ins Tal. Etwas über 2 h nach Herbriggen? Das machte uns wieder Hoffnung und so humpelten und stolperten wir den Pfad hinab. Dieser zog sich jedoch endlos zwischen den Felsbändern und Abbrüchen am Hang hin und her und erst nach insgesamt 9 h erreichten wir um 04:00 Uhr das Dorf.
Im Dorf gab es Trinkwasser für uns und auch der Bahnhof verfügte über einen Warteraum. Jedoch war dieser über Nacht verschlossen, weshalb wir im warmen und trockenen Klohäuschen Unterschlupf fanden. Mit der Isomatte auf dem Boden, Trinken und warmen Essen kamen wir durch, bis um 06:00 Uhr die erste Bahn kam. Ich setzte mich in den Warteraum, trocknete meine Ausrüstung so gut es ging und wartete darauf, dass mein Partner mich gegen 10:00 Uhr mit dem Auto, das derweilen in Saas Fee stand, abholte.
Die Tour dauerte damit 25 h – 16 h Kletterei und 9 h Abstieg – wozu dann noch die Heimreise kam. Nach 55 h war ich letztlich zurück in HH und konnte mich erstmals wieder in die Waagerechte begeben. Die Beine absolut zerstört und 4 weitere Gipfel in der Tasche. Kranker Scheiß!

Der 4 h Aufstieg zum Biwak oberhalb der Mischabelhütte maß 6.9 km, 1661 positive und nur 34 negative hm. Die 25 h Tour am Gipfeltag maß vom Biwakplatz bis nach Herbriggen 21.6 km, 1310 pos und 3435 neg hm. Die Rutenverläufe sind auf den folgenden Karten zu sehen.
Share by: